Potenziell gesundheitsgefährdender Metallabrieb bei Hüft-TEP

Hüftgelenksprothesen bestimmter Hersteller (Zimmer GmbH, DePuy u.a,) können auch aktuell und in Zukunft noch gefährdend für Patienten sein. Verschaffen Sie sich hier einen kurzen Überblick, was technisch dahinter steckt und wie man das Problem rechtlich erfasst.

Für Aufsehen hatte vor einigen Jahren die Berichterstattung über Fehlerhaftigkeit von Hüftgelenkstotalendoprothesen (Hüft-TEP) verschiedener Hersteller, unter anderem DePuy und Zimmer GmbH (Schweiz), gesorgt. Bei einigen Prothesentypen ist es zu ungewolltem Metallabrieb gekommen, der die Gesundheit des betroffenen Patienten potenziell gefährden kann. Vorausgegangen war diesem Problem eine Diskussion in der wissenschaftlichen Literatur zu Hüftprothesen schon vor dem Jahr 2003.

Der Hersteller einer Prothese muss bei der Konstruktion darauf achten, nur Materialien zu verwenden, die zu einer möglichst geringen sogenannten galvanischen Korrosion neigen. Dabei handelt es sich um einen chemischen Vorgang, der dann auftritt, wenn Metalle mit unterschiedlicher Potenzialdifferenz über ein leitendes Medium miteinander verbunden sind. Enthält beispielsweise der Schaft einer Prothese einen gewissen Anteil von Nickel und ist der Schaftkonus aus einer Titanlegierung, so läuft unter Beteiligung von Ionen so lange eine passive chemische Reaktion der Materialien untereinander ab, bis sich die elektrochemischen Potentiale aller Systemkomponenten angeglichen haben. Das Blut und die Gewebsflüssigkeit des Patienten bilden dabei das leitende Medium. Der so stattfindende Metallabrieb und dessen Abriebmenge sind durch eine topographische Tastschnittmessung nachweisbar und durch Differenzbetrachtungen errechenbar. Grundsätzlich gilt dabei, dass je größer der Kopfdurchmesser der Gelenkgleitpaarung ist, umso größer auch die Abriebmenge ist, da die Größe Einfluss auf das Reibmoment nimmt. Umgekehrt garantiert ein größerer Kopfdurchmesser allerdings wohl nicht automatisch eine höhere Stabilität der Prothese.

Je nach Menge des Abriebs ist dies potenziell gesundheitsschädlich für den Patienten. Abgesehen vom frühzeitigen Verschleiß der Prothese mit dem Erfordernis einer an sich nicht nötigen Revisionsoperation (Gelenkkopf- und Pfannenwechsel), besteht durch Gewebsbelastung mit Metallionen und –partikeln insbesondere auch die Gefahr einer erheblichen Osteolyse (Knochenabbau), der sich unterschiedlich darstellen kann. Daneben droht die Gefahr eines Pseudotumors (Scheingeschwulst) und von Seromen (Ansammlung von Absonderungen in Gewebehohlräumen).

Die Hersteller fehlerhafter Prothesen haften nach dem Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) für alle kausal verursachten immateriellen und materiellen Schäden des Patienten sowie für mögliche Zukunftsschäden, die im Wege eines Feststellungantrages abzusichern sind. Als Hersteller gilt dabei auch derjenige, der ein Produkt, welches außerhalb des Geltungsbereichs des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum hergestellt wurde (z.B. USA, Schweiz), nach Deutschland importiert und hier vertreibt. Fehlerhaft ist die Prothese dann, wenn sie unter einem Nachteil für den Benutzer leidet, welcher dessen Sicherheitserwartungen enttäuscht und diese Sicherheisterwartungen berechtigt waren. Bei Medizinprodukten ist dabei derjenige Patientenkreis maßgebend in die Beurteilung einzubeziehen, an den das Medizinprodukt gerichtet ist – in diesem Fall also an alle Patienten, die eine Hüftprothese benötigen. Es kommt demnach darauf an, welche berechtigten Anforderungen an die Sicherheit und die Funktion einer Hüft-TEP zu stellen sind. Bei Patienten sind diese berechtigterweise als besonders hoch einzustufen.

125.000 Euro Schmerzensgeld und Schadensersatz bei Prothesenbruch

Bricht eine Prothese infolge eines Herstellungsmangels und kann dem Patienten wegen Instabilität der gesundheitlichen Verhältnisse infolgedessen kein Gelenk mehr implantiert werden, ist der Hersteller für sämtliche Schäden des Patienten aus Produkthaftung ersatzpflichtig (Leitsatz med|re).

Fachanwalt für Medizinrecht Leitner hat eine außergerichtliche Einigung mit einem namhaften Medizinproduktehersteller im Gesamtumfang von 125.000 Euro für den von ihm vertretenen Patienten herbeigeführt. Der Hersteller der Prothese wurde von einer explizit auf Medizinproduktrecht spezialisierten Kanzlei in Frankfurt/Main vertreten. Die Verhandlungen wurden beidseits sehr professionell und auf einem hohen inhaltlichen Niveau geführt. In dem Abfindungsbetrag war ein Schmerzensgeldanteil von 60.000 Euro enthalten. Dem Patienten wurde eine Hüftprothese implantiert, die – laut Hersteller – leider zu einer mangelhaften Herstellungslinie gehörte, was zu einem Rückruf des Modells geführt hatte. Bei dem von Fachanwalt Leitner vertretenen Patienten verwirklichte sich zum Leidwesen des Patienten tatsächlich der Herstellungsmangel, indem es zu einem vorzeitigen Bruch des Schafts gekommen war, ohne dass ein traumatisches Geschehen für den Bruch verantwortlich gewesen ist. Die Folgen waren bei dem von Fachanwalt Leitner vertretenen Patienten einschneidend. Der Patient musste wegen sich zusätzlich ergebener Komplikationen nach Explantation der gebrochenen Prothese nahezu acht Monate stationär in verschiedenen Kliniken aufhalten, ist mit einem GdB 80 schwerbehindert und darf dauerhaft nicht mit der Implantation einer neuen Prothese rechnen.

Die rechtliche Aufarbeitung eines schadhaften Medizinproduktes bedarf der Expertise eines sehr erfahrenen Fachanwaltes für Medizinrecht, der auf Patientenseite tätig ist. Prothesen sind Medizinprodukte. Das Medizinproduktegesetz (MPG) soll den Verkehr mit Medizinprodukten regeln und dadurch für die Sicherheit, Eignung und Leistung der Medizinprodukte sowie die Gesundheit und den erforderlichen Schutz der Patienten, Anwender und Dritter sorgen. Deswegen enthält das MPG auch ein Beobachtungs- und Meldesystem zu „jeder Funktionsstörung, jedem Ausfall oder jeder Änderung der Merkmale oder der Leistung eines Medizinproduktes sowie jede Unsachgemäßheit der Kennzeichnung oder Gebrauchsanweisung, die direkt oder indirekt zum Tod oder zu einer schwerwiegenden Verschlechterung des Gesundheitszustandes eines Patienten oder eines Anwenders oder einer anderen Person geführt haben oder hätten führen können“ sowie zu „jedem Grund technischer oder medizinischer Art, der auf Grund der in […] genannten Ursachen durch die Merkmale und die Leistungen eines Medizinproduktes bedingt ist und zum systematischen Rückruf von Medizinprodukten desselben Typs durch den Hersteller geführt hat“.

Allerdings enthält das MPG keine eigene Haftungsgrundlage, auf die ein Patient seine Ansprüche (Schmerzensgeld, Schadensersatz, Absicherung aller Zukunftsschäden) im Falle eines schadhaften Medizinproduktes stützen könnte. Die Haftung des Herstellers ergibt sich bei schadhaften Medizinprodukten deswegen vielmehr aus anderen Rechtsvorschriften (Produkthaftungsgesetz, Deliktsrecht). Da der Hersteller unter gewissen Voraussetzungen aber auch trotz eines Herstellungsmangels von der Haftung frei sein kann, sollten Sie einen Fachanwalt für Medizinrecht mit Erfahrung beauftragen. Die Medizinrechtskanzlei Leitner hat eine besondere Erfahrung im rechtlichen Umgang mit schadhaften Medizinprodukten bereits bewiesen.