Schmerzensgeld für Hinterbliebene jetzt gesetzlich geregelt

Fachanwalt für Medizinrecht Leitner informiert: Schmerzensgeld für Angehörige ist nun gesetzlich geregelt.

Das in der bisherigen Rechtsprechung anerkannte Schmerzensgeld für Angehörige wurde unter dem Begriff des „Schockschadens“ behandelt und war im Gesetz bislang nie eigens normiert. Nun findet sich eine gesetzliche Regelung in § 844 Abs. 3 BGB, die einen eigenen Schmerzensgeldanspruch für Angehörige vorsieht. Die gesetzliche Formulierung, die am 22.07.2017 in Kraft getreten ist, lautet:

Der Ersatzpflichtige hat dem Hinterbliebenen, der zur Zeit der Verletzung zu dem Getöteten in einem besonderen persönlichen Näheverhältnis stand, für das dem Hinterbliebenen zugefügte seelische Leid eine angemessene Entschädigung in Geld zu leisten. Ein besonderes persönliches Näheverhältnis wird vermutet, wenn der Hinterbliebene der Ehegatte, der Lebenspartner, ein Elternteil oder ein Kind des Getöteten war.

Zu den Voraussetzungen im Einzelnen klärt Fachanwalt für Medizinrecht Leitner gerne auf. Kontaktieren Sie mich!

 

Schmerzensgeld für Angehörige (Hinterbliebenengeld)

Nach Ansicht von Fachanwalt für Medizinrecht Leitner ist eine gesetzliche Reglung für einen eigenen Anspruch naher Angehöriger auf Schmerzensgeld bei Tötung eines Menschen längst überfällig.

Dem Gesetz war bislang der Anspruch naher Angehöriger eines verstorbenen Menschen auf ein eigenes Schmerzensgeld fremd. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte allerdings schon in den 70-iger Jahren erkannt, dass das praktische Leben Konstellationen bietet, in denen die reine Adäquanzlehre versagt und die Schutzbereichstheorie einen besseren dogmatischen Standort bietet, um Fragen der Ersatzfähigkeit bestimmter Schäden richtig zu verorten. Hier ist letztlich auch der sogenannte „Schockschaden“ rechtsdogmatisch angesiedelt. In der grundlegenden Entscheidung des BGH vom 11.05.1971 (Az. VI ZR 78/70) formulierte der BGH folgenden Leitsatz zu dieser Thematik:

„Die seelische Erschütterung (“Schockschaden”) durch die Nachricht vom tödlichen Unfall eines Angehörigen begründet einen Schadensersatzanspruch gegen den Verursacher des Unfalls nicht schon dann, wenn sie zwar medizinisch erfaßbare Auswirkungen hat, diese aber nicht über die gesundheitlichen Beeinträchtigungen hinausgehen, denen nahe Angehörige bei Todesnachrichten erfahrungsgemäß ausgesetzt sind. Der Schutzzweck des BGB § 823 Abs. 1 deckt nur Gesundheitsbeschädigungen, die nach Art und Schwere diesen Rahmen überschreiten.“

Darauf aufbauend hat die Rechtsprechung über die Jahrzehnte hinweg Grundsätze entwickelt, nach denen auch ein Anspruch auf billige Entschädigung in Geld (Schmerzensgeld) bei nahen Angehörigen bestehen kann und damit gleichzeitig die Lücke im Gesetz nicht nur erkannt, sondern auch gefüllt.

Die Bundesregierung hat sich dieses Problems jetzt angenommen und versucht durch ihren Entwurf eines Gesetzes zur Einführung eines Anspruchs auf Hinterbliebenengeld die Lücke im Gesetz nun selbst zu schließen. Wie bei neuen Gesetzesvorhaben fast immer, bedient sich der Gesetzgeber dabei auch der bisherigen Rechtsprechung zum Schockschaden und beschränkt den Kreis der Anspruchsberechtigten auf diejenigen Personen, die zur Zeit der Verletzung zu dem Getöteten in einem besonderen persönlichen Näheverhältnis standen. Dieses liegt nach dem Willen des Entwurfs regelmäßig dann vor, wenn nahe Familienangehörige betroffen sind. Dazu zählen der Ehegatte, der Lebenspartner, die Eltern und die Kinder des Getöteten. Für diesen Personenkreis soll eine gesetzliche Vermutung des besonderen persönlichen Näheverhältnisses normiert werden. Anspruchsberechtigt können daneben aber auch andere Personen sein, die jedoch die Umstände, aus denen sich ihr besonderes persönliches Näheverhältnis zum Getöteten ergibt, darlegen und gegebenenfalls beweisen müssen. Kritikwürdig an dieser Stelle ist nach Ansicht von Fachanwalt Leitner, dass sich die gesetzliche Vermutung des persönlichen Näheverhälntisses auf einen ausgesprochen engen Kreis der Ersatzberechtigten beschränkt. So sind beispielsweise (Zwillings-)Geschwister von der gesetzlichen Vermutung nicht erfasst, obwohl in aller Regelmäßigkeit hier ebenfalls sehr enge Verbindungen bestehen.

Der Gesetzgeber schätzt die jährlichen Mehrkosten für die Versicherungswirtschaft auf 240 Millionen Euro, wobei er von 24.000 Haftungsfällen ausgeht (Summe aus Verkehrsunfällen, medizinischen Fehlbehandlungen, Tötungsdelikten etc. aufgrund Verschulden und/oder Gefährdungshaftung) sowie einer durchschnittlichen Haftungsmasse pro Fall von 10.000 Euro.