Die Verletzung der wirtschaftlichen Aufklärungsplicht des Arztes kann bei umfangreichen Eingriffen einen groben Behandlungsfehler darstellen (Leitsatz med|re)
Das Patientenrechtegesetz normiert in § 630c Abs. 3 BGB die Plicht des Behandlers, den Patienten vor dessen Behandlung über die voraussichtlichen Kosten zu informieren, wenn er weiß, dass die Kosten von Dritten nicht übernommen werden oder dafür hinreichende Anhaltspunkte bestehen. Diese Informationsplicht im Zusammenhang mit den finanziellen Folgen einer Behandlung hatte die Rechtsprechung auch schon vor Inkrafttreten des Patientenrechtegesetzes als wirtschaftliche Aufklärungspflicht des Arztes in Grundzügen entwickelt. Das Patientenrechtegesetz selbst normiert zwar keine Folge, wenn der Behandler gegen diese Pflicht verstößt. Die Gesetzesbegründung sieht in diesem Fall jedoch einen Schadensersatzanspruch des Patienten gegen den Behandler vor, der im Wege der Aufrechnung oder der Freistellung dem Arzt in der Höhe entgegengehalten werden kann, die ein Dritter (Krankenkasse, Versicherung) nicht übernimmt. Im Falle eines gesetzlich versicherten Patienten hat nun ein Oberlandesgericht mit aktuellem Urteil aus 2017 sogar einen groben Behandlungsfehler festgestellt, weil der dort tätige Zahnarzt eine Behandlung im Gesamtumfang von etwa 100.000 Euro geplant und begonnen hatte, und zwar bereits zwei Tage nach der Erstvorstellung des Patienten. Die vom Zahnarzt vorgelegten 57 Formulare, die die Behandlung nebst Kosten beschrieben, akzeptierte das Oberlandesgericht bei diesem Umfang nicht als hinreichende wirtschaftliche Aufklärung. Der zugezogene Sachverständige stufte das Vorgehen ebenfalls als „völlig unverständlich“ ein, zumal es deutlich kostengünstigere Behandlungsalternativen gegeben hätte.