300.000 Euro Schmerzensgeld bei hypoxischem Hirnschaden eines Erwachsenen
Erleidet ein erwachsener Patient infolge eines Infarkts einen Sauerstoffmangel im Gehirn, verfällt deswegen in ein Wachkoma und reagiert noch auf taktile Reize, ist ein immaterieller Schadensersatz (Schmerzensgeld) von 300.000 Euro gerechtfertigt (Leitsatz med|re)
Fachanwalt für Medizinrecht Leitner hat sich im Rahmen außergerichtlicher Verhandlungen mit der Versicherungskammer Bayern als Haftplichtversicherung eines Klinikums im Wege einer Teileinigung auf ein Schmerzensgeld i.H. von 300.000 Euro beri einem Erwachsenen mit hypoxischem Hinrschaden verständigen können. Die Versicherung hatte ursprünglich als Schmerzensgeld 200.000 Euro angeboten. Hypoxische Hirnschäden gehören zu den gesundheitlichen und materiellen Großschäden, die – an deutschen Maßstäben gemessen – zu vergleichsweise hohen Schmerzensgeldern führen. Üblicherweise ist die Rechtsprechung in Deutschland bei der Ausurteilung von Schmerzensgeld in der Tendenz leider noch eher zurückhaltend. Die Regulierung erfolgte auf der Basis eines Gutachtens des MDK Bayern, welches einen Verstoß gegen den herzchirurgischen Facharztstandard festgestellt hatte, in dessen Folge das Gehirn des Patienten einen Sauerstoffmangel erlitten hatte und er bis zu seinem Versterben im Wachkoma lag. Auch die interne Prüfung der Haftpflichtversicherung ist offensichtlich von einem groben Behandlungsfehler ausgegangen und hatte jedenfalls von Beginn an signalisiert, dass die Angelegenheit nicht im Klagewege geklärt werden müsse. Die von Fachanwalt Leitner angeforderten Vorschussbeträge wurden von der Versicherung beglichen. Das wertet Fachanwalt Leitner auch als professionelles Regulierungsverhalten der Versicherungsgesellschaft, welches eine zielgerichtete und sachlich richtige Regulierung ohne emotional und finanziell belastendes Gerichtsverfahren für die Angehörigen ermöglicht hat. Bei der Schmerzensgeldbemessung waren insbesondere auch die äußerliche Erkennbarkeit der Verletzung sowie die Einschränkung bei der weiteren Lebensplanung zu berücksichtigen. Im Hinblick auf die Genugtuungsfunktion waren weiterhin der Verschuldensgrad sowie das Geschehen um das verletzende Ereignis herum zu berücksichtigen. Im Fall des von Fachanwalt Leitner vertretenen Patienten spielte hier vor allem auch die Erforderlichkeit der Vollpflege eine große Rolle, da der Patient bis zu seinem Versterben über eine Sonde ernährt werden musste und auf taktile Reize noch reagiert hatte. Es war leider nicht auszuschließen, dass sich der Patient seiner Situation noch bewusst war.
Ein Vergleich aus der Rechtsprechung:
Im Falle einer hypoxischen Hirnschädigung mit schwersten Folgen bei einem etwa eineinhalbjährigen Kind hielt das Berufungsgericht das vom Landgericht ausgeurteilte Schmerzensgeld von 400.000 Euro für “nicht unvertretbar übersetzt” (OLG Naumburg, Urteil vom 17.09.2014, 1 U 38/14). Das Kind war beim Spielen in einen Swimmingpool gefallen, was die Aufsicht führende Großmutter leider viel zu spät erkannt hatte. Erst nach 30 Minuten konnte eine Notärztin das Kind wiederbeleben. Das Kind ist nicht mehr alleine sitz- und gehfähig und auf Lebzeiten auf den Rollstuhl angewiesen. Es muss über eine PEG-Sonde ernährt werden, ist nicht mehr stuhl- und harnkontrollfähig und leidet an einer massiven Sehschädigung. Es kann nicht sprechen und hat nur eine minimale Restbeweglichkeit.